Respekt darf sich nicht in Worten erschöpfen. Ohne den Mut der Ostdeutschen hätte es die deutsche Einheit nicht gegeben.
Der Deutsche Ethikrat wurde im Jahre 2001 als Nationaler Ethikrat gegründet. Er soll Politik und Gesellschaft in schwierigen ethischen, medizinischen und rechtlichen Debatten politisch unabhängig und mit wissenschaftlicher Kompetenz beraten. Allerdings repräsentierte der Rat durch seine Mitglieder vor allem die ethischen Grundhaltungen westdeutscher Akademikerinnen und Akademiker mit direkter Bindung an die großen Glaubensgemeinschaften.
Personen mit einem Lebenslauf in Ostdeutschland waren bis vor Kurzem, fast 30 Jahre nach der Wiedervereinigung, überhaupt nicht vertreten. Dabei sollen im Rat ausdrücklich unterschiedliche ethische Ansätze und ein plurales Meinungsspektrum vertreten sein, so will es zumindest das Ethikratgesetz.
Unter den im April 2020 berufenen Mitgliedern finden sich nun immerhin bereits elf Frauen, von denen eine, Muna Tatari von der Universität Paderborn, sogar einen erkennbaren Migrationshintergrund hat. Mit Hans-Ulrich Demuth kommt erstmalig auch ein Mitglied des Ethikrats mit einer ostdeutschen Biografie hinzu. Vorgeschlagen hatte ihn die Fraktion DIE LINKE.
Petra Sitte, Sprecherin der Fraktion für Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik, erklärte zur Nominierung, sie habe Professor Demuth nicht nur als erfolgreichen Wissenschaftler erlebt: »Er ist auch ein engagierter Hochschullehrer, der mit seinen Studentinnen und Studenten die Anwendungsperspektiven und Folgen seiner Erkenntnisse für die Gesellschaft diskutiert.«
Der 1953 in Halle an der Saale geborene Biochemiker studierte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, wo er auch seine Promotion ablegte. Er ist Autor von zahllosen wissenschaftlichen Artikeln und Inhaber einer Honorarprofessur für Pharmabiotechnologie der Hochschule Anhalt. Am Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) in Leipzig beziehungsweise an dessen Außenstelle in Halle konzentrierte sich Hans-Ulrich Demuth auf entzündliche Erkrankungen, »denn fast alles Krankmachende in unserem Körper ist Entzündung«, so der Biochemiker.
Obwohl sich ansatzweise eine pluralere Zusammensetzung des Ethikrats abzeichnet, gab es auch an der aktuellen Mitgliederliste erneut Kritik. So beanstandete Michael Schmidt-Salomon, Philosoph und Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, dass ein Großteil der Mitglieder »einen eindeutig religiösen Hintergrund« habe. Dies spiegele nicht die Überzeugungen der konfessionsfreien Menschen wider, die immerhin 38 Prozent der Bevölkerung ausmachten.
Malte Daniljuk

Professor Hans-Ulrich Demuth leitete bis Januar 2020 das Fraunhofer IZI-Institutsteil Bioanalytik und Bioprozesse in Potsdam und die Fraunhofer IZI-Außenstelle Molekulare Wirkstoffbiochemie und Therapieentwicklung in Halle. Foto: TGZ Halle/Marco Warmuth.