Die aktuelle Krise zeigt, wie wichtig die öffentliche Infrastruktur in den Gemeinden ist. Auch Bäder und Sportstätten müssen langfristig gesichert sein.

Anfang März habe ich einen Beitrag zum Bädersterben in Deutschland geschrieben. Zu diesem Zeitpunkt konnten wir alle noch nicht ahnen, was uns ein neues Virus an notwendigen Maßnahmen beschert. Auch hier sind wieder die Gemeinden gefordert, und oft werden durch Kreativität und Solidarität Lösungen gefunden, um den Menschen zu helfen, die auf andere angewiesen sind. Gerade jetzt muss es darum gehen, die kommunale Infrastruktur langfristig zu erhalten.

Aus eigenem Erleben weiß ich, dass man in solch einer Situation manchmal denkt: Wie soll das nur enden und vor allem wann? So ging es mir als damalige Landrätin im Februar 2005, als auf der Insel Rügen die Vogelgrippe ausbrach. Es war das erste Mal, dass es so einen massiven Ausbruch in der Wildvogelpopulation gab. Wir mussten viele Antworten darauf erst einmal finden. Die Inselbewohner haben diese Zeit gemeinsam durchgestanden, und ich habe gelernt, was ein funktionierender Krisenstab so alles schaffen kann. Nach zwei Monaten gingen die Infektionsraten zurück, und langsam zog wieder Normalität ein.

Der Zusammenhalt ist jedoch geblieben, und das ist für die kommunale Ebene besonders wichtig. Die Kommunen sind ein Garant der Demokratie in unserem Land, aber auch des Zusammenlebens der Menschen. Ich freue mich darauf, wieder an Kultur- und Sportveranstaltungen teilzunehmen und auch ins Schwimmbad zu gehen. Allerdings ist schon jetzt absehbar, dass auf die aktuellen Rettungspakete zukünftig eine neue Sparpolitik folgt.

Fehlender Schwimmunterricht, eine Gefahr

Die Insel Rügen ist mein Zuhause. Jährlich besuchen uns Millionen Urlauber, um die Natur zu genießen, an den langen Sandstränden zu spazieren und in der Ostsee zu baden. Für die Ostseebäder und Erholungsorte bedeutet das aber auch, ausreichend Rettungsschwimmer zu haben, um Badeunfälle zu verhindern. Ein wichtiger Partner ist für die Kommunen die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG).

Sie hat sich 1913 gegründet, nachdem im Jahr zuvor der Zusammenbruch der Binzer Seebrücke 16 Menschen das Leben gekostet hatte. Die meisten der Opfer starben, weil sie nicht schwimmen konnten. Seither ist es gelungen, die Zahl der Ertrunkenen pro Jahr um fast 90 Prozent zu senken und den Anteil der Schwimmer in der Bevölkerung von 3 auf 80 Prozent zu steigern. Das ist eine enorme Leistung, vor der ich großen Respekt habe. Natürlich unterstütze ich die Rügener Ortsgruppen der DLRG nach Kräften.

Für die Kommunen im Bundestag

Ich finde es im höchsten Maße alarmierend, wenn die DLRG feststellt, mittlerweile seien fast 60 Prozent der Zehnjährigen keine sicheren Schwimmer mehr. Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass ein Viertel der Grundschulen in Deutschland keinen Schwimmunterricht durchführen kann, weil ihnen ein geeignetes Bad dafür fehlt. Die DLRG nahm dies zum Anlass, eine Petition an den Bundestag zu richten.

Der Petitionsausschuss hat daraufhin die Situation in einer öffentlichen Sitzung erörtert. Dabei wurde schnell klar, dass eine entscheidende Ursache die finanzielle Lage der Kommunen ist. Jährlich müssen circa 80 Schwimmbäder deutschlandweit schließen, weil den Städten und Gemeinden einfach das Geld fehlt, um sie zu unterhalten und dauerhaft zu tragen. Das ist nur ein weiteres Indiz für die Finanzschwäche vieler Kommunen, mit der ich mich als kommunalpolitische Sprecherin der Linksfraktion seit Jahren beschäftige.

Wir fordern deshalb einen Schuldenschnitt für die Kommunen, den Umbau der Gewerbesteuer zu einer Gemeindefinanzsteuer, deren Einnahmen vollständig an die Kommunen gehen. Insgesamt müssen die Kommunen einen größeren Anteil der Steuereinnahmen erhalten. Funktionierende Kommunen sind ein Garant für die Demokratie, denn hier spüren die Menschen unmittelbar, ob es wirklich um sie geht und wie sie direkt mitwirken können an der Gestaltung des Gemeinwesens und des Miteinanders.

Starke Kommunen garantieren öffentliche Sportstätten

Bestehende Bäder sollen nicht schließen müssen, sondern – im Gegenteil – neue hinzukommen, damit die Kinder das Schwimmen erlernen und alle von den gesundheitsfördernden Effekten der Bewegung im Wasser profitieren können. Deshalb ist die Forderung der DLRG richtig, dass der Bund und die Länder gemeinsam daran arbeiten, die Sanierung zu finanzieren und Lücken in den Kommunen, die noch kein Bad haben, zu schließen.

Mit Blick auf die Finanzlage von Bund und Ländern ist das auf jeden Fall machbar. Dieser Prozess ließe sich auch nutzen, um nach energie- und wassersparenden Lösungen im Betrieb zu suchen und diese zu fördern. Nachhaltige Techniken sind zum Beispiel die Passivbauweise und Wärmeaustauschpumpen. Die Kommunen sind bekanntlich einfallsreich.

Es liegt nicht an den Kommunen. Kein Verantwortlicher schließt gerne ein Schwimmbad in seiner Gemeinde. Aber es werden die nötigen finanziellen Mittel gebraucht. In meiner Heimatstadt Bergen haben wir als Stadtvertretung nach langer Vorbereitung und intensivem Ringen um die Finanzen gerade beschlossen, ein Sportbad zu errichten. Ich freue mich schon darauf, dass dort regelmäßig Schulsport stattfindet, unser Krankenhaus sein Therapieangebot erweitern kann, Sportgruppen sich dort treffen und auch ich regelmäßig schwimmen gehen kann.

Kerstin Kassner ist für die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag Obfrau im Petitionsausschuss.

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