Politikwechsel zu sozialer Gerechtigkeit!

Olaf Krostitz

Corona-Krise muss Anlass für Politikwechsel sein

Amira Mohamed Ali fordert eine echte soziale Wende, um endlich eine gerechte und vernünftige Politik für die große Mehrheit zu ermöglichen.

Die Corona-Krise treibt den Keil tiefer in unsere Gesellschaft. Seit Jahren werden Millionen Menschen, die dieses Land durch ihre Arbeitskraft am Laufen halten, nicht mehr angemessen am Wohlstand beteiligt. Die Bundesregierung antwortet auf eine Anfrage unserer Fraktion, dass rund 40 Prozent der Beschäftigten nicht mehr als 14 Euro brutto die Stunde verdienen. Nach 45 Jahren Vollzeitarbeit sind sie von Altersarmut bedroht.

Eine Friseurin bei mir in Oldenburg konnte sich schon vor Corona kaum einen Urlaub oder Restaurantbesuch leisten. Sie muss sich den Kopf zerbrechen, wie sie die Winterjacke für ihr Kind bezahlt. Die Zukunftssorgen haben sich bis weit in die Mittelschicht hineingefressen: Ist mein Lebensstandard im Alter zu halten? Ruiniert mich die Pflege meiner Mutter finanziell? Habe ich Geld für Zahnersatz?

Vier Jahrzehnte für die Reichen und Mächtigen

Union, FDP, SPD und Grüne haben in den letzten 40 Jahren Politik für Lobbyisten, Konzerne, Reiche und Mächtige gemacht. Sie haben die Vermögenssteuer abgeschafft, die Renten- und Krankenversicherung privatisiert und ein Hartz-IV-Zwangssystems geschaffen. All das widerspricht den Interessen der Mehrheit.

Dabei geht es nicht allein um Gerechtigkeit, sondern auch um Vernunft. Denn 40 Jahre Vorfahrt für Profite haben das Land nicht nur gespalten, sondern auch schlecht auf die Zukunft vorbereitet. Beispiel Internet: Unter den Industrienationen ist Deutschland das Schlusslicht bei der Internetgeschwindigkeit. Dabei könnten wir Spitze sein, wenn der 1981 von Bundeskanzler Helmut Schmidt aufgestellte 30-Jahres-Plan für ein flächendeckendes Glasfaserkabelnetz umgesetzt worden wäre.

Was kam dazwischen? Bundeskanzler Kohl förderte statt Zukunftstechnologie lieber die Fernsehprivatisierung für seinen Freund und Medienmogul Leo Kirch und ließ Kupferkabel verlegen, die für das Internet wenig geeignet sind. Die Telekom wurde privatisiert und hatte danach kein Interesse mehr an teuren Zukunftsinvestitionen, sondern an hohen Dividenden. Nachfolgende Regierungen korrigierten die Fehlentwicklung nicht.

Modernisierung und Nachhaltigkeit geht nur gerecht

Deutschland ist heute ein digitales Entwicklungsland, in dem nur 7 Prozent der Menschen über eine Glasfaseranschluss verfügen. Gesundheitsämter übertragen Daten per Fax und Schulen hinken in der Digitalisierung hoffnungslos hinterher.

Wir brauchen eine echte soziale Wende. Auch echte Nachhaltigkeit geht nur sozial. Es ist unverantwortlich, dass die Grünen nicht ausschließen, mit der Union zu koalieren. Das ist nichts anderes als ein „Weiter so“. Nur mit einer starken Linken wird es eine Politik geben, die in allen Fragen – auch beim Klimaschutz – die soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt stellt.

Die Linke kämpft für die Überwindung des Hartz-Systems, für konkrete Verbesserungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für Rentnerinnen und Rentner. Wir stehen für konsequente Friedenspolitik und für sichere Zukunft auch für die nächsten Generationen.

Die Verkäuferin darf nicht die Krise bezahlen!

Dietmar Bartsch fordert eine Vermögensabgabe und eine Steuerreform, die Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen entlastet.

Seit Jahrzehnten ist dies die schwerste Krise für das Land. Die Bundesregierung hat große Bereiche des gesellschaftlichen Lebens heruntergefahren. Kinder und Familien leiden besonders. Hilfen für Selbstständige und Unternehmen lassen auf sich warten. Millionen Existenzen sind in Gefahr. Einige wenige profitieren.

Die Corona-Krise könnte unterm Strich rund 1,5 Billionen Euro kosten. Der Großteil der Mittel war und ist notwendig, um Jobs und Unternehmen zu retten. Aber 2022 soll die Schuldenbremse wieder gelten. Die Frage nach der Finanzierung vertagt die Bundesregierung auf die Zeit nach der Bundestagswahl.

Vermögensabgabe für die reichsten 0,7 Prozent

Dann wird die Rechnung präsentiert. Mit Schuldenbremse und ohne Sonderabgabe für Superreiche gibt es nur zwei Alternativen: höhere Steuern für Normalbürger oder Kürzungen beim Sozialstaat und bei notwendigen Investitionen. Ein Kürzungshammer muss verhindert werden. Die Krise zeigt: Wir brauchen mehr Investitionen in Schulen, Krankenhäuser und Personal.

Wer bezahlt die Rechnung? Wir fordern eine einmalige Vermögensabgabe für Multimillionäre und Milliardäre. Allein die 119 Milliardäre in Deutschland haben trotz Krise rund 100 Milliarden Dollar mehr auf ihren Konten als im März 2019. Der Eigentümer der Supermarktkette Lidl konnte sein Vermögen von 22 auf 36 Milliarden Dollar steigern. Die Verkäuferinnen und Verkäufer in seinen Märkten haben davon kaum etwas gesehen.

Das Grundgesetz sieht in Artikel 106 einen Lastenausgleich für solche Krisen ausdrücklich vor. Wir haben ein konkretes Konzept, das vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung

Olaf Krostitz

geprüft wurde. Wir beharren nicht auf bestimmten Prozentsätzen, aber darauf, dass diejenigen, denen es sehr gut geht, tatsächlich an den Kosten beteiligt werden. Es geht nicht um die Eigenheimbesitzer, sondern um die reichsten 0,7 Prozent.

Fahrplan für die Steuerreform

Die einmalige Vermögensabgabe ist kein Ersatz für eine große Steuerreform. Wir brauchen Gerechtigkeit bei der Besteuerung von Erbschaften und Einkommen. Im Jahr 2019 haben 40 Personen 9,4 Milliarden Euro geerbt bzw. geschenkt bekommen, aber nur 170 Millionen Euro Steuern gezahlt.

Ein realer Steuersatz von unter 2 Prozent auf leistungsloses Mega-Einkommen, während hart arbeitende Menschen auf ihre Löhne sehr hohe Abgaben und Steuern zahlen müssen? Das muss sich ändern. Den Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer wollen wir auf 14.400 Euro im Jahr anheben und den Tarifverlauf glätten. Der Spitzensteuersatz sollte nur für Spitzenverdiener gelten, später einsetzen, aber dafür wieder angehoben werden. Warum nicht wie zu Zeiten Helmut Kohls?

Menschen mit schmalem Portemonnaie vor den Krisenkosten schützen, kleine und mittlere Einkommen entlasten, Topverdiener belasten. Konkret: Bruttolöhne um die 3.000 Euro – das betrifft Millionen Beschäftigte – werden nach unserem Steuerkonzept um über 100 Euro im Monat entlastet.

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