Wer sind die neuen Vorsitzenden?

Fünf Fragen an Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow. Als Parteivorsitzende sind sie beratende Mitglieder im Vorstand der Fraktion DIE LINKE.

Janine Wissler
· geboren am 23. Mai 1981 in Langen (Hessen)
· seit 2008 Abgeordnete im Hessischen Landtag
· Fraktionsvorsitzende

Susanne Hennig-Wellsow
· geboren am 13. Oktober 1977 in Demmin (Mecklenburg-Vorpommern)
· seit 2004 Abgeordnete im Thüringer Landtag
· Fraktionsvorsitzende

Was kann eine Parteivorsitzende besser als ein Parteivorsitzender?

DIE LINKE hat erstmals eine weibliche Doppelspitze. Frauen machen nicht „besser“ Politik als Männer, aber ich würde mich freuen, wenn zwei weibliche Vorsitzende dazu beitragen können, dass wir noch mehr Frauen gewinnen, die Partei zu wählen, einzutreten und sich mit uns in der LINKEN zu engagieren. Als Doppelspitze wollen wir zu einem Aufbruch beitragen.

Ich würde hier nicht von „besser“ sprechen, sondern davon, dass Frauen anders Politik machen. Es fließen besondere persönliche Erfahrungen ein, und Frauen haben gezeigt, dass sie kommunikativer, offener, emotionaler an Politik herangehen. Das kann eine Chance für die LINKE sein. Im Übrigen sollte es doch längst selbstverständlich sein, dass Parteien von Frauen geführt werden. Unsere weibliche Doppelspitze ist so auch ein gesellschaftliches Signal.

Welches Ziel willst Du persönlich unbedingt erreichen?

Ich möchte in einer gerechten und demokratischen Gesellschaft leben, in der die Menschen gemeinsam und gleichberechtigt entscheiden und und nicht nur der Profit weniger zählt. In der der gesellschaftliche Reichtum gerecht verteilt ist, alle Menschen den gleichen Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und Kultur haben, die natürlichen Ressourcen geschützt und der Krieg geächtet ist. Was heute weit weg erscheint, ist deshalb nicht unerreichbar. Das zeigen viele große Errungenschaften, die Menschen erkämpft haben.

Ich will, dass sich die Verhältnisse ändern, weil ich gerade in Thüringen gesehen habe, dass es so vielen Menschen an materieller Sicherheit, an Chancen und an gesellschaftlicher Anerkennung fehlt. Das macht unsere Verantwortung als LINKE aus: Alles in Bewegung zu setzen, damit Menschen abgesicherter, selbstbestimmter und so auch geborgener leben können.

Was hat Dich in deinem Leben am besten auf die Herausforderung als Berufspolitikerin vorbereitet?

Meine Jahre als Fachverkäuferin in der Elektroabteilung eines Baumarkts: Ich erinnere mich noch gut daran, wie es ist, wenn am Ende des Gehalts noch zu viel Monat übrig ist. Und ich habe gelernt, mich gegen meist männliche Kunden zu behaupten, die einer jungen Frau nicht zutrauen, sich mit Kabeln und Steckdosen auszukennen. Das hat mir als jüngste Abgeordnete im Landtag sehr geholfen, besonders im Wirtschaftsausschuss.

Mich haben natürlich meine 16 Jahre Leistungssport im Eisschnelllauf geprägt. Einen Wettkampf gewinnt man nicht am Tag des Rennens, sondern in den Monaten der Vorbereitung und des harten Trainings.

Aus der Landespolitik kennst Du die Belastung einer Berufspolitikerin. Warum willst Du jetzt noch mehr Verantwortung übernehmen?

Ich möchte die Erfahrungen, die ich in Hessen gesammelt habe, auf Bundesebene einbringen. Dazu gehört, dass die Partei eine stärkere Verankerung in den Gewerkschaften und den Betrieben braucht. Zugleich müssen wir Teil und Ansprechpartnerin sein für außerparlamentarische Bewegungen wie Black Lives Matter und den Omas gegen rechts, für Mieterinitiativen, die neuen feministischen Bewegungen und die Klimaschutzbewegung – ob Ende Gelände, Fridays for Future oder im Dannenröder Wald.

Es gibt so viele Menschen, deren Arbeit belastend und anstrengend ist. Als Politikerinnen und Politiker sollten wir also nicht vergessen, wer vor allem den Laden am Laufen hält. Doch vom gesellschaftlichen Reichtum kommt bei denen, die ihn produzieren, viel zu wenig an. Das muss sich ändern und das wollen wir ändern. Diese Verantwortung haben wir LINKE auf vielen Ebenen: in Bewegungen, in den Kommunen, in der Landespolitik. Mein Platz wird nun die Bundesebene sein.

Wo siehst Du die inhaltlichen Schwerpunkte bis zur Bundestagswahl?

Es stehen harte Auseinandersetzungen bevor, wer die Kosten der Corona-Krise trägt. Wir sind die Partei, die wirklich etwas gegen die wachsende Ungleichheit tut – etwa mit der Millionärssteuer. Es reicht nicht, für die zu klatschen, die den Laden am Laufen halten. Löhne müssen rauf, Mieten runter. Klimaschutz muss sozial gerecht sein. Wir sind eine laute Stimme gegen rechts und für eine konsequente Friedenspolitik.

Die Corona-Krise zeigt, was nicht gut läuft bei Gesundheit, Bildung und sozialer Sicherung und, und, und. Wir brauchen schnell deutliche Besserungen. Das betrifft auch eine gerechte Lastenteilung. Lehren aus der Pandemie zu ziehen, heißt auch Einstiege in ökologischen Umbau zu finden und mehr internationale Solidarität zu üben. Die Klimakrise kann nur sozial bewältigt werden. Und natürlich geht es um den Schutz der Demokratie vor rechten Angriffen.

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